Die Aufgaben, die nach Kriegsende auf Ostbelgien warteten, sind von den hier lebenden Menschen mit großem Einsatz aufgenommen worden. Arbeitsplätze wurden geschaffen, die politische Eigenständigkeit partnerschaftlich aufgebaut, das kulturelle Erbe unserer Vorfahren gepflegt und der ländliche Charakter unserer Gegend bewahrt.
Die im Juni 1945 gegründete Christlich Soziale Partei gestaltete das politische Leben der Nachkriegszeit und den Aufbau unserer Gegend sowohl regional als auch kommunal durch den politischen Auftrag einer breiten Bevölkerungsschicht wesentlich mit. Bis 1971 war die CSP Bestandteil der nationalen PSC/CVP und arbeitete eng mit der Vervierser PSC-Regionalpartei zusammen. Dadurch konnte die CSP die Interessen der Deutschsprachigen im Rahmen der sich abzeichnenden Staatsreform auf nationaler Ebene vertreten und Ansprüche auf Volksvertretungen in der Kammer und im Senat verwirklichen.
Gerade aufgrund der tragenden Rolle, die die Christlich Sozialen im Osten Belgiens und in den neun deutschsprachigen Gemeinden spielten, konnten von 1946 bis 1999 ununterbrochen Volksvertreter der CSP einen Sitz im nationalen Parlament bekleiden. Abgeordnete waren Peter Kofferschläger (1946-1960), Willi Schyns (1961-1981), beide aus Kelmis, und Albert Gehlen aus St. Vith (1981-1999). Senatoren waren Joseph Baltus (1946-1950) und Dr. Hubert Chantraine (1995-1999), beide aus Eupen.
Unabhängigkeit
Seit Juni 1971 – also seit der ersten Staatsreform – ist die CSP ein unabhängiger Regionalverband. Der erste Präsident der CSP war Albert Gehlen.
Die Vorsitzenden der CSP seit 1971:
Albert Gehlen (1971-1976)
Manfred Nussbaum (1976-1981)
Johann Haas (1981-1999)
Dr. Hubert Chantraine (1999-2004)
Mathieu Grosch (2004-2010)
Luc Frank (2010-2015)
Pascal Arimont (2015-2020)
Jérôme Franssen seit 2020
Reformen und Autonomie
Die CSP hat seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs entscheidend dazu beigetragen, dass die deutschsprachigen Belgier im Staatsgefüge auf das gleiche Niveau gestellt wurden wie die anderen Sprachgruppen. Durch die Reformen des belgischen Staates entstanden 1970 die drei Gemeinschaften und drei Regionen. Belgien wandelte sich seitdem vom nationalen Staat zu einem föderalen Bundesstaat.
Von 1976 bis 1983 entschied der „Rat der deutschsprachigen Kulturgemeinschaft“ (RdK) autonom für das deutsche Sprachgebiet in Belgien. Mit der Staatsreform erweiterte sich der Entscheidungsbereich dieses Rates zusehends. Erster Präsident des RdK war Johann Weynand (CSP).
Seit 1983 verfügt die Deutschsprachige Gemeinschaft über ein eigenes gesetzgebendes Organ (zunächst „Rat“, dann „Parlament“ genannt) und über eine eigene Regierung.
Die Christlich Sozialen leisteten im Laufe der Staatsreform wesentliche Beiträge zum Entstehen und zum Ausbau der Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft:
Die Übernahmen des Unterrichtswesens 1989, des Denkmalschutzes 1994, der Beschäftigung 2000 oder der Gemeindeaufsicht 2004 sind als wesentliche Etappen der Autonomieerweiterung zu verstehen, die die CSP – auch aus der Opposition (ab 1999) heraus – voran getrieben hat.
Durch die nach wie vor engen Verbindungen zu den auf föderaler Ebene agierenden christdemokratischen Parteien cdH (frankophon) und CD&V (flämisch) konnten auch die Schaffung eines eigenen deutschsprachigen Gerichtsbezirks (1988) und die für die DG wichtige Refinanzierung unterstützt und verwirklicht werden.
Die Christlich Sozialen sind bis heute die stärkste politische Kraft in der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Verantwortung
Die CSP war von 1983 bis 1999 Regierungspartei und stellte folgende Regierungsmitglieder in der Deutschsprachigen Gemeinschaft:
Joseph Maraite: Minister für Volksgesundheit und Familie, Sport und Tourismus (1983-1986)/ Ministerpräsident (1986-1999)
Mathieu Grosch: Minister für Jugend, Sport, Erwachsenenbildung und Soziales (1986-1990)
Wilfried Schröder: Minister für Unterricht, Kultur, wissenschaftliche Forschung, Denkmäler und Landschaften (1995-1999)
Den Vorsitz des Parlaments bzw. Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft hatten CSP-Politiker von 1983-1999 inne:
Johann Weynand (1973-1976)
Albert Gehlen (1976-1981)
Manfred Betsch (1981-1985)
Kurt Ortmann (1985-1990)
Mathieu Grosch (1990-1994)
Manfred Schunck (1994-1999)
Dem Wallonischen Parlament gehörten bisher folgende CSP-Mandatare an:
Albert Gehlen (1981-1995)
Elmar Keutgen (1999-2004)
Herbert Grommes (2004-2009)
Im Europäischen Parlament ist die CSP seit 1994 vertreten:
Mathieu Grosch (1994-2014)
Pascal Arimont (seit 2014)
Inhaltliche Akzente
Die CSP ist die Partei der Mitte. Die inhaltliche Ausrichtung der CSP und ihr politisches Programm stellen das christliche Menschenbild in den Mittelpunkt, wonach nicht der Staat, eine Gruppe oder „die Gemeinschaft“ im Zentrum des Gemeinwesens stehen, sondern jeder Einzelne.
Allein hier – ausgehend von der zentralen Position des Einzelnen, seiner Würde und seinem Recht auf Selbstbestimmung – erwächst die Grundlage zur Gestaltung des Zusammenlebens. Durch die „Personalität“ ist jeder Mensch frei und vor jeglicher Willkür geschützt. Er übernimmt in Freiheit die Verantwortung für sein Tun.
Die Sorge um die Achtung und Wahrung der Würde des Einzelnen führt zur Bereitschaft gegenseitiger Hilfe und zum Bemühen um Ausgleich oder „Solidarität“ in der Gesellschaft.
Der Vorrang des einzelnen Menschen, dessen Entscheidungsfreiheit, dessen Einsatzbereitschaft sind an Selbstverantwortung geknüpft. Das, was er entscheiden und verantworten kann, liegt allein in seinen Händen.
Auf ein Gemeinwesen übertragen bedeutet das, dass die Einsatzmöglichkeiten des Bürgers, kleiner Gruppen oder Gemeinschaften denen großer politischer Strukturen und den Strukturen des Staates voran stehen sollen. Dieser Grundsatz entspricht dem Konzept der „Subsidiarität“.
Diese Selbstverantwortung des Einzelnen und die der christlichen Soziallehre zu Grunde liegenden Begriffe „Personalität“, „Solidarität“, „Subsidiarität“ und „Gerechtigkeit“ bilden die Triebfeder und das Gerüst für unser Engagement.
Die CSP hat diese Gedanken in ihrem Grundsatzprogramm der Jahre 1991 und 2008 bestätigt.